Fotocollage von Zeitungsartikeln
Halle, September 2022 | von BM

Friedrich Peltz in Halle

Die Errichtung des neuen Empfangsgebäudes des Bahnhofs Halle in den Jahren 1887 bis 1890 ist eng mit dem Namen Friedrich Peltz verbunden.

Laut Wikipedia war Friedrich Carl Peltz (1844 – 1914) ein deutscher Architekt und preußischer Baubeamter. 1875 nach der zweiten Staatsprüfung wurde er zum Regierungsbaumeister ernannt. Im Oktober 1885 wurde er Landbauinspektor in der Bauabteilung des Preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten in Berlin und im Februar 1886 erfolgte die Versetzung nach Halle, siehe Bild 1.

Artikel aus Centralblatt der Bauverwaltung vom 27.02.1886
Bild 1 aus Centralblatt der Bauverwaltung vom 27.02.1886

Peltz wohnte in Halle zunächst im Weidenplan, später in der Forsterstraße 3. Bild 2 zeigt einen Auszug aus dem Adressbuch Halle von 1887. Friedrich Peltz war verheiratet. 1888 bzw. 1890 kamen 2 Töchter in Halle zur Welt.

Auszug aus Adressbuch Halle 1887 Peltz im Einwohnerverzeichnis
Bild 2 aus Adressbuch Halle 1887 Peltz im Einwohnerverzeichnis

Die Planungen für eine umfassende Neugestaltung der halleschen Bahnanlagen hatten bereits etwa 1873 begonnen. 1880 startete die Eisenbahn-Bauinspektion Halle der Königlichen Eisenbahndirektion Magdeburg mit dem großen Umbau des Bahnhofs, der bis 1893 währte. Bild 3 enthält einen Auszug aus dem Adressbuch Halle von 1890 mit dem Technischen Büro für den Bahnhofsumbau. An den Vorentwürfen zum neuen Empfangsgebäude des Bahnhofs Halle wurde vor allem im Preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Berlin schon lange vor Peltz gearbeitet.

Auszug aus Adressbuch Halle 1890 Bauinspektion Technisches Büro
Bild 3 aus Adressbuch Halle 1890 Bauinspektion Technisches Büro

Die Saale-Zeitung meldete am 07.07.1886, dass der im Ministerium ausgearbeitete Entwurf des neuen Empfangsgebäudes unter Leitung von Peltz umgearbeitet wurde und demnächst dem Ministerium vorgelegt werden soll. Aber die Genehmigung des Entwurfes lies noch längere Zeit auf sich warten. Die Saale-Zeitung vermerkte erst am 24.05.1887 die Genehmigung der Entwurfspläne.

Am 28.05.1887 verfügte Peltz die erste öffentliche Ausschreibung über die Lieferung von 850.000 Hintermauerungssteinen für das neue Empfangsgebäude. Am 28.06.1887 folgte die Ausschreibung für die Erd- und Maurerarbeiten des Erdgeschosses sowie für die Lieferung von 214.000 Verblend- und Formsteinen, siehe Bild 4. Insgesamt verantwortete Peltz namentlich etwa 15 öffentliche Ausschreibungen über Lieferungen und Leistungen für das neue Empfangsgebäude.

Artikel aus Hall. Tageblatt 09. 07. 1887 Ausschreibung Maurerarbeiten
Bild 4 aus Hall. Tageblatt 09.07.1887 Ausschreibung Maurerarbeiten

In den Halleschen Tageszeitungen finden sich auch einige Meldungen über Angebotseröffnungen (= Submissionen) und Zuschlagserteilungen. Gemäß Bild 5 meldete das Hallesche Tageblatt am 23.07.1887 die Abgabe von 5 Angeboten für die Maurerarbeiten Erdgeschoss. Am 20.08.1887 informierte das Hallesche Tageblatt über die Zuschlagserteilung an Maurermeister Heiser.

Artikel aus Hall. Tageblatt 23. 07. 1887 Submission Maurerarbeiten
Bild 5 aus Hall. Tageblatt 23.07.1887 Submission Maurerarbeiten

Die Entscheidung für Heiser ist sehr auffällig. Heiser hatte von den 5 Bietern das teuerste Angebot eingereicht. Waren die anderen Bieter nicht vertrauenswürdig oder enthielten deren Angebote schwerwiegende Fehler? Oder hatte die Zeitung versehentlich eine Falschnachricht verbreitet? Vielleicht wurde die Vergabeentscheidung angefochten - von Steinhauf, der das niedrigste Angebot eingereicht hatte. Eduard Steinhauf war zu jener Zeit in Halle eine bedeutende Persönlichkeit – Maurermeister, Vertrauensmann der Berufsgenossenschaft, Ziegeleibesitzer in Angersdorf, Stadtverordneter von Halle, Mitglied und Referent (= Sprecher) der städtischen Baukommission. Übrigens war auch Heiser Stadtverordneter und Mitglied der Baukommission.

Zur Submission des Vergabeloses Maurerarbeiten ab Oberkante Erdgeschoss am 22.12.1887 lagen nur 2 Angebote vor, das kostengünstigere von Steinhauf. In einem ausführlichen Aufsatz über den Umbau des Bahnhofs Halle 1880 bis 1893, veröffentlicht in der Zeitschrift für Bauwesen 1893, wurde Maurermeister Steinhauf ausdrücklich gewürdigt, während Heiser keine Erwähnung fand.

Am 07.10.1886 hielt Peltz in einer Sitzung des Kunstgewerbevereins Halle den Vortrag „Eine Wanderung in Athen“, in dem er über das antike und das neue Athen berichtete. 1876 hatte er Professor Curtius (1814-1896) bei archäologischen Ausgrabungen in Griechenland begleitet. Peltz wurde Mitglied des Vereins und engagierte sich als Preisrichter im Kunstgewerbeverein bei diversen „Konkurrenz-Ausschreiben“ – Gestaltungswettbewerbe größerer und kleinerer Art, nachfolgend einige Beispiele: eine Interimskirche mit 360 Sitzplätzen, eine monumentale Steinbank, ein Bierseidel, eine Festkarte. Weiterhin übernahm er 1887 eine Vorstandsfunktion im Verein.

Am 02.02.1888 hielt Peltz in einer Sitzung des Kunstgewerbevereins einen Vortrag über das im Bau befindliche, neue Empfangsgebäude des Bahnhofs Halle, siehe Bilder 6 und 7.

Artikel aus Saale-Zeitung 02.02.1888 Anzeige Kunstgewerbeverein
Bild 6 aus Saale-Zeitung 02.02.1888 Anzeige Kunstgewerbeverein
Ausschnitt aus Saale Zeitung 04.02.1888 über den Vortrag von Friedrich Pelz
Bild 7 aus Saale-Zeitung 04.02.1888 über Vortrag Peltz

Die zahlreichen, in der Halleschen Tagespresse dokumentierten Aktivitäten von Peltz im Kunstgewerbeverein kann man als Freizeitaktivitäten werten. Es gab aber einen starken Bezug zu seinen dienstlichen Aufgaben. Der damalige Kunstgewerbeverein Halle, die Saale-Zeitung vom 05.05.1888 meldete 440 Mitglieder, war eine bedeutende Begegnungsstätte für „Produzenten und Konsumenten“. Bild 8 zeigt einen Auszug aus dem Adressbuch Halle 1888 zum Kunstgewerbeverein. Zu beachten sind die Vorstände Rudolf Müller (Kunstschlosser, Schlossermeister, Obermeister der Schlosser-Innung, Geldschrankfabrikant), Friedrich Schönbrodt (Tischlermeister, Agent), Wilhelm Zander (Dekorationsmaler, Stadtverordneter), Hermann Keferstein („unbesoldeter Stadtrath“, Baumeister, Fabrikbesitzer, Bildhauer) und Franz Nitschmann (Vorsteher der Eisenbahn-Bauinspektion Halle und Chef von Peltz, oft falsch geschrieben mit einem zusätzlichen e - Nietschmann).

Auszug aus Adressbuch Halle 1888
Bild 8 aus Adressbuch Halle 1888 - Kunstgewerbeverein

Mit Ausnahme Nitschmanns übernahmen die genannten Vorstände anspruchsvolle, mehr oder weniger künstlerische Leistungen beim Bau des neuen Empfangsgebäudes, siehe Bild 9 mit einem Auszug aus der Zeitschrift für Bauwesen von 1893). Auch Klempnermeister August Haupt hatte eine Beziehung zum Kunstgewerbeverein. Öffentliche Ausschreibungen zur Anbahnung von Geschäftsbeziehungen sind für die entsprechenden Leistungen mit Ausnahme eines Teils der Tischlerarbeiten nicht überliefert.

Artikel aus Zeitschrift für Bauwesen von 1893
Bild 9 aus Zeitschrift für Bauwesen 1893 - Hallenser Meister

Ein Erlass des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 17.07.1885 betreffend das Verdingungswesen gab Peltz aber hierfür mehrere Alternativen, siehe Bild 10 mit einem Auszug aus dem Centralblatt der Bauverwaltung.

Artikel aus Centralblatt Bauverwaltung vom 25.07.1885 Arten der Vergabe
Bild 10 aus Centralblatt Bauverwaltung vom 25.07.1885 Arten der Vergabe

Als Baubeginn des neuen Empfangsgebäudes nannte die Zeitschrift für Bauwesen den 19.08.1887; an anderer Stelle ist Herbst 1887 angegeben. Der Rohbau wurde im Herbst 1889 fertigstellt. Die große eiserne Kuppel wurde im Winter 1889/90 errichtet. Etwa gleichzeitig begann der Innenausbau. Am 08.10.1890 wurde der neue Personenbahnhof Halle eröffnet.

Am 11.10.1890 berichtete die Saale-Zeitung über ein Festessen im alten Empfangsgebäude mit 50 geladenen Gästen und zahlreiche Auszeichnungen von am Bahnhofsumbau Beteiligten. Nitschmann, Königer und Peltz wurde der „Rothe Adlerorden IV. Klasse“ verliehen.

Am 22.01.1892 berichtete die Saale-Zeitung über einen Vortrag von Peltz im Kunstgewerbeverein über die Entwicklung der Kunstschlosserei und den Einbau von 5 neuen, bis zu 10 m hohen Toren im Berliner Schloss. Gezeigt wurden Entwürfe und Modelle der neuen Tore. Schlossermeister Müller präsentierte Proben. Ob Peltz und Müller am Berliner Vorhaben direkt beteiligt waren, geht aus dem Text nicht hervor. (Das Stadtschloss Berlin wurde 1945/50 zerstört und 2012 bis 2020 als Humboldt Forum teilweise rekonstruiert.)

Am 07.05.1892 informierte das Zentralblatt der Bauverwaltung über die Versetzung von Friedrich Peltz nach Potsdam.

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